Der Konservatismus, die Studienstiftung, und Viktor Orbán

Der Konservatismus, die Studienstiftung, und Viktor Orbán

Es gilt wieder einmal über einen kruden Versuch zu berichten, die Integrität des deutschen Bildungssystems zu sichern, wenn schon nicht gleich die Unversehrtheit deutscher Demokratie. Hier folgt die Geschichte in vier Teilen.

I. Was geschah

Im August 2023 erhielt ich von einer freundlichen Mitarbeiterin der Studienstiftung des deutschen Volkes die Einladung, im Jahr 2024 bei einer Sommerakademie der Studienstiftung zu gesellschaftlichen Themen ein fünftägiges Seminar mit zweimal 1,5 Stunden vormittags und noch einmal 1,5 Stunden nachmittags am Großen Plöner See durchzuführen. Thematisch sollte es um die „Entwicklung des politischen Konservatismus“ gehen. Es wurde angeregt, diese Arbeitsgruppe mit zwei Dozenten durchzuführen, wofür ich einen Vorschlag machen sollte.

Ich sagte gerne zu, weil ich selbst Stipendiat der Studienstiftung des deutschen Volkes gewesen war, später für die Studienstiftung an vielen Auswahlverfahren mitwirkte, und weil ich bereits in den späten 1990er und in frühen 2010er Jahren jeweils ein zweiwöchiges Seminar auf Sommerakademien der Studienstiftung durchgeführt hatte: eines in La Villa in den Dolomiten zum Parlamentarismus, ein anderes zur Allgemeinen Evolutionstheorie und zum Evolutorischen Institutionalismus in Greifswald an der Ostsee.

Das Thema „Konservatismus und seine Geschichte“ war mir aufgrund etlicher Vorträge und Publikationen zum Konservatismus nicht fremd. Entsprechende Literaturangaben und Links finden sich im Teil IV dieses kurzen Berichts. Als zweiten Dozenten gewann ich meinen Mitarbeiter am Brüsseler Mathias Corvinus Collegium, nämlich Dr. Philipp Siegert.

Folgendes Arbeitsprogramm teilte ich der Studienstiftung für die Ankündigung dieses Seminars mit:

„Konservatismus“ ist ein unangenehmer Begriff zur Selbstbezeichnung und ein wohlfeiles Wort zur Etikettierung von politischen Gegnern. Meist werden mit ihm eher Empfindungen als Kenntnisse verbunden. Das ist für vernunftgeleitete politische Diskurse nachteilig.

Ohnehin gibt es nicht „den“ Konservatismus, sondern viele Spielarten davon. Konservativ war das dominierende politische Denken im alten Rom und im alten China. Der zur Gegenwart führende Konservatismus setzte ein als intellektuelle Reaktion auf die Französische Revolution. In den aufkommenden europäischen Parteiensystemen entstand alsbald eine wie „zwangloser Zwang“ (J. Habermas) wirkende Verbindung zwischen „konservativ“ und „rechts“. Das machte den Begriff und eine Haltung des Konservatismus alsbald als „reaktionär“ weitgehend unschicklich. Inzwischen scheint „Konservatismus“ als Fahnenwort von nicht-woken Gruppierungen wieder in Gebrauch zu kommen. Bei alledem gibt es tiefgreifende Unterschiede zwischen dem kontinentaleuropäischen Konservatismus, zumal in dessen Ausprägung als „Liberalkonservatismus“, und dem sich strikt als „antiliberal“ verstehenden angelsächsischen Konservatismus. Im Übrigen zeigt die Evolutionsforschung, dass es ein überaus fruchtbares Wechselverhältnis zwischen Wandel und Beibehaltung von Bewährtem gibt.

Solche Spielarten von Konservatismus vorzustellen und hinsichtlich ihrer Gemeinsamkeiten und Unterschiede vergleichend zu betrachten, ist der Zweck der Arbeitsgruppe.  Alle Beteiligten werden je ein Thema aus einer entsprechenden Liste übernehmen und ihre Arbeitsergebnisse vorstellen. Außerdem wird erwartet, dass sie sich mit Blick auf das Ganze des Konservatismus – als was immer sich das im Lauf der Seminararbeit herausstellen mag – anhand einer Lektüreliste ins Thema einlesen.

Am vergangenen Samstag, dem 11. Februar, erreichte mich dann während meiner Rückfahrt vom Skiurlaub in den Dolomiten der Anruf eines freundlichen Mitarbeiters der Studienstiftung. Es gehe um mein für den Sommer angekündigtes Seminar zum Konservatismus. Ein Journalist habe sich gemeldet und sich nach dem Sachverhalt erkundigt. Später habe sich die Leitung der Studienstiftung beraten, hätte mögliche Reaktionen teilnehmender Stipendiaten bedacht und sei zum Schluss gekommen, dass sich der Seminarzweck, nämlich in die Geschichte und Gedankenwelt des Konservatismus einzuführen, schwerlich erfüllen lasse, wenn ein so „umstrittener“ Mann wie ich das Seminar abhalte. Also meine man … woraufhin ich freundlich mit der Bemerkung unterbrach, ich verstünde das mitzuteilende Anliegen und wisse mit meiner sommerlichen Freizeit durchaus Fruchtbareres anzufangen, als Studierende mit von ihnen unerwünschten Wissensbeständen zu behelligen. Wir schieden freundlich, und eine nicht minder freundliche E-Mail seitens der Studienstiftung beendete die Episode. 

So schien es mir jedenfalls bis zum heutigen Montagnachmittag, als ich in der Internetausgabe der „Frankfurter Rundschau“ einen Artikel des Journalisten Matthias Meisner vorfand mit dem Titel: „Sommerakademie mit Viktor Orbáns Handlangern“ (https://www.fr.de/politik/sommerakademie-mit-orbans-handlangern-92828303.html). Weil Matthias Meisner seinen Artikel gewiss mit dem Wunsch veröffentlicht hat, dass er auch zur Kenntnis genommen wird, gebe ich ihn gleich anschließend in Gänze wieder.

Allein schon der Vergleich zwischen meiner oben mitgeteilten Seminarbeschreibung und Meisners im zweiten Absatz vorgetragenen Behauptung über den Seminarinhalt erlaubt allerdings eine recht verlässliche Abschätzung dessen, wie es Herr Meisner mit der Wahrheitstreue seiner Aussagen hält.

II.  Matthias Meisner: „Sommerakademie mit Viktor Orbáns Handlangern“

Der „Studienstiftung“ wird vorgeworfen, bei ihrer öffentlich finanzierten Begabtenförderung der ‚Neuen Rechten’ Raum zu geben. Von Matthias Meisner.

Viktor Orbáns Kaderschmiede Mathias Corvinus Collegium (MCC) dürfte es als Auszeichnung betrachten: Die renommierte und elitäre Studienstiftung des deutschen Volkes hat zwei Vertreter der MCC als Dozenten für ihre Sommerakademie im schleswig-holsteinischen Plön verpflichtet. Der Bekanntere der beiden ist Werner Patzelt, Forschungsdirektor des MCC in Brüssel und früherer Politikwissenschaftler an der Technischen Universität Dresden. Neben ihm wird sein Brüsseler MCC-Kollege Philipp Siegert auftreten, der früher für die CSU-nahe Hanns-Seidel-Stiftung tätig war.

Thema der Arbeitsgruppe von Patzelt und seinem Kollegen ist „Konservatismus“. Der Programmbeschreibung zufolge geht es darum, argumentativ zu entkräften, wenn „konservativ“ als „unangenehmer Begriff“ und „wohlfeiles Wort zur Etikettierung von politischen Gegnern“ benutzt werde, denn dies sei „für vernunftgeleitete politische Diskurse nachteilig“.

Orbáns Kaderschmiede MCC: rechtsreaktionärer Thinktank 

Um zu umreißen, was der Termin in Plön bedeutet, gilt es die Rolle zu verstehen, die das MCC als rechtsreaktionärer Thinktank einnimmt. Aktiv ist es in Ungarn selbst, aber inzwischen auch in zahlreichen internationalen Partnerschaften. Das Stiftungskapital der MCC-Stiftung liegt bei 1,5 Milliarden Euro – das ist mehr als das Jahresbudget aller universitären Einrichtungen in Ungarn zusammen. Die Autorin Annika Brockschmidt rechnet die Denkfabrik den „internationalen Netzwerken der Neuen Rechten“ zu. Anerkannte Wissenschaftler:innen suche man dort vergeblich.

Stattdessen finden Verschwörungstheoretiker:innen beim MCC eine Bühne. Im August vergangenen Jahres hielt zum Beispiel der US-amerikanische TV-Journalist Tucker Carlson eine Rede beim MCC in Budapest. Carlson machte gerade Schlagzeilen damit, Russlands Präsident Wladimir Putin in einem Interview Gelegenheit zu geben, ungehindert Desinformationen zu verbreiten.

„Die Zeit“ titelte 2022 einen Bericht über das MCC mit der Überschrift „Die Orbanologie“. Und 2021 zitierte „Le Monde diplomatique“ Gabór Scheiring, wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Università Bocconi in Mailand, mit der Einschätzung, es gehe dem ungarischen Ministerpräsidenten Orbán darum, mit Staatsvermögen seinen „Handlangern“, dem „Netzwerk der Fidesz-Leute das Überleben zu sichern“. Er führe aber auch einen „Kampf um die kulturelle Vorherrschaft“, sagte Scheiring.

Und bei alldem spielt – mindestens in einer Nebenrolle – nun die Studienstiftung des deutschen Volkes mit, die zu mehr als 90 Prozent aus öffentlichen Mitteln gefördert wird, überwiegend aus dem Etat des Bundesministeriums für Bildung und Forschung?

Saskia Baderschneider, Teamleiterin Kommunikation bei der Studienstiftung, weist den Verdacht zurück, man beteilige sich durch das Angebot mit den beiden MCC-Vertretern an der Ausbildung rechter Kader.

Das hatte ein ehemaliger Stipendiat vermutet, der sich mit dem Hinweis zur MCC-Repräsentanz bei der Sommerakademie an Medien wandte. „Mich erstaunt, dass angesichts der Breite und Vielfalt der dort behandelten Themen sowie der mitwirkenden Persönlichkeiten ein solcher Eindruck entstehen kann“, sagt Baderschneider der Frankfurter Rundschau mit Blick auf die sogenannte „Praxisakademie“ in Plön sowie die weiteren Frühjahrs- und Sommerakademien. Eine Kooperation zwischen der Studienstiftung und dem MCC gebe es nicht, „und es findet im Rahmen unserer Veranstaltungen auch keine Vernetzung mit dem MCC oder vom MCC geförderten Personen statt“.

Inklusive Debatten-und Streitkultur? 

Die Sprecherin verweist zudem auf ein 2020 vom Vorstand der Studienstiftung verabschiedetes Grundsatzpapier. Die Rede ist dort von einer „prinzipiell inklusiven Debatten- und auch Streitkultur“. Die soll ganz im Sinne des Schirmherrn der Studienstiftung sein – Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Verfassungsfeindlichkeit werde von der Studienstiftung nicht toleriert, heißt es weiter: „Personen, an deren Übereinstimmung mit den zentralen Grundprinzipien eines freiheitlichen Verfassungsstaates erhebliche Zweifel bestehen, kommen daher für eine Mitwirkung an Veranstaltungen der Studienstiftung nicht in Betracht.“ 2023 verabschiedete der Vorstand einen Zusatz zum Grundsatzpapier: Mitwirkenden an Veranstaltungen werden dazu ermuntert, „sich mit denjenigen, die ihnen unvertraute oder für sie provokante Standpunkte vertreten, offen und unmittelbar auseinanderzusetzen, statt den Kontakt zu Dritten zu suchen“.

Wie das dann im August mit Patzelt laufen wird, bleibt abzuwarten. Der gebürtige Passauer Patzelt, der Anfang der 90er Jahre nach Dresden übersiedelte, ist Mitglied der CDU, in deren ohnehin sehr konservativ ausgerichteten sächsischen Landesverband steht er am rechten Rand. Und er betätigt sich immer wieder als Türöffner zur AfD. Wohlwollend interpretierte er etwa die Proteste der rassistischen Pegida-Bewegung. Zeitweilig war Patzelt auch in der erzkonservativen „Werteunion“ organisiert, allerdings bevor diese sich unter der Führung von Ex-Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen anschickte, zu einer eigenen Partei zu werden und bei den bevorstehenden Landtagswahlen im Osten anzutreten.

Regelmäßig veröffentlicht Patzelt Beiträge in Organen der Neuen Rechten wie der „Jungen Freiheit“ und der „Preußischen Allgemeinen Zeitung“ oder rechtspopulistischen Medien wie „Nius“ von Ex-“Bild“-Chef Julian Reichelt. Vor einem Jahr schrieb er in der „Preußischen Allgemeinen Zeitung“, Maaßen gehöre zu den „nicht mehr vielen guten Geistern, von denen die CDU noch verlassen werden könnte“. Zum Umgang der CDU mit ihm sagte Patzelt damals: „Keine Verleumdung, keine Wortverdreherei seitens der politischen Gegner ist ihr zu dummdreist, als dass nicht auch CDU-Anführer sie sich zu eigen machten.“

Vor ein paar Tagen trat Maaßen schließlich aus der CDU aus. Zufall oder nicht: In seinem Seminarangebot für die Studienstiftung des deutschen Volkes wollen sich Patzelt und sein Brüsseler MCC-Kollege auch mit den „tiefgreifenden Unterschieden zwischen dem kontinentaleuropäischen Konservatismus, zumal in dessen Ausprägung als ,Liberalkonservatismus‘, und dem sich strikt als ,antiliberal‘ verstehenden angelsächsischen Konservatismus“ befassen. ‚Liberal-konservativ‘ wiederum ist genau das, was Maaßen als Markenkern seiner neue Partei reklamiert.

Der wichtigste Geldgeber der Studienstiftung des deutschen Volkes hält sich indessen aus der Debatte heraus: „Das Bundesministerium für Bildung und Forschung nimmt grundsätzlich keinen Einfluss auf die inhaltliche Ausgestaltung der ideellen Förderprogramme der Begabtenförderungswerke“, sagte eine Ministeriumssprecherin.

III.  Was von jenem Saustall zu halten ist, den Matthias Meisner rechtzeitig roch

Wie schön, dass auch noch nach der Stipendiatenzeit auf akademische Wachsamkeit Verlass ist! Und nein, das unschöne Wort „Denunziantenverhalten“ will ich nicht verwenden, zumal ja auch noch gar nichts geschehen war, das man hätte denunzieren können. 

Noch schöner aber, dass Matthias Meisner sich nach dem Wittern von Unrat gleich an dessen Dokumentation machte. Doch leider war er nicht in der Lage, den Ankündigungstext meines Seminars zu verstehen. Denn er wird diesen Text doch nicht absichtlich sinnwidrig wiedergegeben haben? Er stellt es nämlich als Ziel des Seminars dar, die Benutzung unangenehmer Begriffe oder wohlfeiler Etikettierungsbegriffe wie dem des Konservatismus „argumentativ zu entkräften“, oder glauben zu machen, dass eine kritisch gemeinte Benutzung des K-Wortes „für vernunftgeleitete politische Diskurse nachteilig sei“. Mein Rat für Meisner und solche, die ihm auf den Leim gehen: Lest doch meine Seminarankündigung ganz einfach noch einmal durch!

Und womöglich sind es ja auch gar keine  bösartig gemeinten Insinuationen, sondern wirklich bloß Bildungsmängel, die unseren Journalisten nicht wissen lassen, dass „Liberalkonservatismus“ ein seit vielen Jahrzehnten in der politischen Sprache so selbstverständlicher Begriff ist, dass man wirklich nicht auf finstere Absichten schließen muss, wenn dieser Begriff von mir im letzten Herbst bei der Seminarankündigung verwendet wurde – und neulich dann, potztausend, doch glatt auch von Hans-Georg Maaßen bei der Vorstellung seiner neuen Partei! 

Und vielleicht erklärt ein wohlmeinender Kollege Herrn Meiser auch einmal bei passender Gelegenheit, warum der ausdrücklich antiliberale angelsächsische Konservatismus wirklich schlecht ist, Europas die Errungenschaften des Liberalismus bewahrender Liberalkonservatismus aber gut. Und vielleicht gelingt es sogar, unserem Enthüllungsjournalisten die unterschiedlichen Traditionslinien und Prägefaktoren beider Formen von Konservatismus beizubringen. Womöglich aber braucht man als Journalist heute auch gar nicht mehr zu verstehen, was man jeweils raunend in die Welt setzt. Dann sei es eben so!

Mittelpunkt von Meisners Enthüllungsgeschichte, und wohl auch ihr eigentlicher Zweck, ist die so verschaffte Gelegenheit, dem Mathias Corvinus Collegium, einer ungarischen Elitenförderungsinstitution, sowie dem bösen Diktator Orbán mit routinemäßig übler Nachrede zu kommen. Die kreist um den zwar implizit benutzten, aber nicht ausdrücklich benannten Sachverhalt der „Kontaktschuld“ mit bösen Leuten, sowie um den Begriff der rechtsreaktionären Handlangerschaft. Beider Übel macht sich nun auch die Studienstiftung schuldig, wenn auch bloß „in einer Nebenrolle“. Also rette sie sich nun bitte, falls sie das noch kann! Doch schade eigentlich, dass der wichtigste Geldgeber der Studienstiftung, das Bundesministerium für Bildung und Forschung“, sich aus diesem Vorgang heraushält. Der Kampf gegen rechts, er hat halt immer noch bedauerliche Lücken in seiner Phalanx …

Weil gewiss jeder Gläubige oder Andersgläubige das Recht auf seine Überzeugungen hat, will ich unseren wackeren Aufklärer nun auch nicht mit Sachinformationen über das MCC oder der Einladung belästigen, sich solche nicht nur aus zweiter Hand über Fremddarstellungen, sondern auch aus der Selbstdokumentation des MCC zu beschaffen, und war des MCC sowohl in Brüssel als auch in Budapest. Allerdings gebe ich schon zu, dass einen überzeugungsfesten Text nichts mehr verdirbt als eine allzu gründliche Recherche. Und schließlich hat ja auch der gute Claas Relotius seine Preise nicht gerade gegen journalistische Darstellungswünsche gewonnen … Falls sich aber doch jemand ein wenig über das MCC belesen will, gibt es sich hier einen Einstiegstext, für dessen Wahrheitstreue ich mich gern verbürge: https://wjpatzelt.de/2023/01/05/die-zeit-ueber-das-ungarische-mcc/.

Oder will unser investigativer Journalist es dem Stinkstiefel Patzelt einfach wieder einmal so richtig sagen? Immerhin stellt er in seinem Text einen schönen Zusammenhang her zwischen der „prinzipiell inklusiven Debatten- und Streitkultur“, welcher sich die Studienstiftung verpflichtet hat, und der lobenswerten Regel, dass man Verfassungsfeindlichkeit dort nicht toleriere. Und so wird nun, schwuppdiwupp, auch klar, weshalb die Leitung der Studienstiftung, von einem ehemaligen Stipendiaten sowie von Matthias Meisner gerade noch rechtzeitig auf einen andernfalls unvermeidlichen Skandal aufmerksam gemacht, diesen Orbán-Handlanger sanft ausladen musste: „Personen, an deren Übereinstimmung mit den zentralen Grundprinzipien eines freiheitlichen Verfassungsstaates erhebliche Zweifel bestehen, kommen daher für eine Mitwirkung an Veranstaltungen der Studienstiftung nicht in Betracht“.  

Tja, das war endlich ein Wirkungstreffer! Und jetzt versteht man auch, warum Meisner unbedingt argwöhnen musste: „Wie das dann im August mit Patzelt laufen wird, bleibt abzuwarten“. Immerhin ist dieser Kerl doch Mitglied der „sehr konservativ ausgerichteten“ sächsischen CDU, war sogar Mitglied der WerteUnion, und schreibt – igitt, igitt! – in der „Jungen Freiheit“, in der „Preußischen Allgemeinen Zeitung“ oder auf „NIUS“. Wetten, dass er nie die Traute hätte, eine Einladung zu einer Analyse oder zu einem Meinungsstück im Tagesspiegel oder der TAZ, in der Frankfurter Rundschau oder der Süddeutschen Zeitung anzunehmen? Da würde er ja auch hoffnungslos fremdeln … 

Zu einer sprachlichen Spitzenleistung rafft sich Meisner auf, wo er im letzten Satz des drittletzten Absatzes grammatisch geschickt verwischt, ob ich die CDU so heftig für ihren Umgang mit Maaßen oder, dann anscheinend waidwund beleidigt, mit mir selbst kritisierte. Freilich kann das rasch geklärt werden: Da ich als CDU-Mitglied eine nur fallweise auferweckte Karteileiche bin, gibt es ohnehin keinerlei Umgang der CDU mit mir – und somit auch keinen, den ich zu kritisieren hätte. Die CDU tut ganz einfach, was sie will – und ich tue ebenso einfach, was ich will. Etwa das Tun und Lassen der CDU analysieren und nötigenfalls kritisieren. Schlimm sowas, nicht? 

IV. Was ich tatsächlich zum Konservatismus sage oder den Studienstiftlern zur Kenntnis gegeben hätte 

Damit abschließend klar wird, vor welchen gedanklichen Versehrungen man die schützenswerten Teilnehmer am nun gottlob doch ausfallenden Konservatismus-Seminar bewahrt hat, finden sich nachstehend vier Listen: die meiner Publikationen zum Konservatismus, Links zu einschlägigen Texten auf meinem Blog, und Links zu im Internet abrufbaren Vorträgen oder Podcasts von mir über den Konservatismus.

1. Publikationen zum Konservatismus

  • German Conservatism and its Intellectual Challenges, in: Hungarian Conservative 2/3, 2022, S 82-85
  • Liberalkonservative Sinnsuche. Nach der verlorenen Bundestagswahl wirken führende Repräsentanten der Union orientierungslos, in: Preußische Allgemeine, Nr. 45 v. 12. November 2021, S. 3
  • Was ist Konservatismus – gerade heute?, in: Joachim Klose / Norbert Lammert, Hrsg., Balanceakt für die Zukunft. Konservatismus als Haltung, Göttingen (Vandenhoeck & Ruprecht) 2019, S. 245-253
  • Zeitgemäßer Konservatismus, in: Taxis. Zeitschrift für Politik und Philosophie 1, 2019, S. 54-61
  • Vom Elend, als konservativ zu gelten, in: Michael Kühnlein, Hrsg., konservativ?! Miniaturen aus Kultur, Politik und Wissenschaft, Berlin (Duncker & Humblot) 2019, S. 352-354
  • Die linksradikale BRD. Positionen der Fortschrittler von gestern sind nicht selten die der Konservativen von heute, in: Sächsische Zeitung v. 8. Juni 2018
  • Muss die CDU konservativer werden?, in: idea Spektrum, Nr. 44 v. 31. Oktober 2018, S. 15
  • Wendig wie ein Tanker. Sind Konservative dumm, weil sie erst nachher mögen, was andere schon früher schätzten?, in: Sächsische Zeitung  v. 10. November 2017, S. 15

2. Links zu meinen Texten über Konservatismus

3. Videoaufzeichnungen von einigen meiner Vorträge zum Konservatismus

4. Audioaufzeichnungen von einigen meiner Interviews oder Vorträgen zum Konservatismus

Nachbemerkung: 

Weil der gute Mathias Meisner auch noch meinte anbringen zu müssen, ich betätigte mich in der CDU als „Türöffner zur AfD“ sowie als wohlwollender Interpret der „Proteste der rassistischen Pegida-Bewegung“, sei für einschlägig Interessierte auf meine folgenden Bücher hingewiesen:

  • PEGIDA. Warnsignale aus Dresden, Dresden (Thelem) 2016, 667 S.
  • CDU, AfD und die politische Torheit, Dresden (Weltbuch) 2019, 292 S.
  • CDU, AfD und noch mehr politische Torheiten. Neue Analysen, Interviews und Kommentare 2019-2024, Dresden (Weltbuch), im Erscheinen, 591 S.

Beim Vergleich meiner eigenen Aussagen dort und mit den Aussagen Meisners über mich in seinem hier kontextualisiertren Zeitungsartikel, wird klar, wie Qualitätsjournalismus oder gar Wahrheitstreue höchstwahrscheinlich nicht gehen …

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