Wie gegen den Rechtspopulismus angehen?
leicht redigiert erschienen unter dem Titel „Bewegung am rechten Rand“ in:
Couragiert. Magazin für demokratisches Handeln und Zivilcourage, Ausgabe 1/2017, S. 7
Nun lässt sich nicht mehr hoffen, durch Schimpfen und Ausgrenzen ließe sich Deutschlands Rechtspopulismus kleinhalten. Zwar haben in Leipzig LEGIDAs Gegner den Kampf um die Straße gewonnen. Schön für sie, und um LEGIDA ist es nicht schade. Doch wird das die AfD um eine einzige Stimme bringen? Und wenn Dresdens PEGIDA weiter schrumpft, weil sich ihr Anführer auf nicht mehr versteht als aufs Organisieren und Polemisieren: Ist dann ein einziges jener Probleme gelöst, deren Symptom – nicht Ursache – PEGIDA war?
Symbolische Politik und Siege in Scharmützeln reichen einfach nicht, um unter politischer Wirkgröße zu halten, was sich da an Protest verfestigt. Es braucht effektive Politik auf der Sachebene, um das Abwandern von Wählern bislang staatstragender Parteien, oder von Nichtwählern, zur AfD zu stoppen. Man stimmt ja nicht für die AfD, weil man von ihr problemlösende Politik erwartet, sondern weil man dem politischen Establishment Empörung signalisieren will. Das nutzt der AfD aber nur solange, wie man auf eine „bundesweite CSU“ hoffen kann – und nicht jene „NPD light“ zu befürchten hat, die bejubelte Höcke-Formeln in Aussicht stellen.
Reagiert das Establishment auf rechte Systemablehner nun weiter mit rhetorischen Fußtritten wie einst Erich Honecker („Wir weinen keinem eine Träne nach!“), dann verstärkt das die Absetzbewegung vom missfallenden Politikbetrieb. Seit die AfD in zwei ostdeutschen Bundesländern stärkste Oppositionspartei geworden ist, könnte eigentlich jeder das Scheitern einer solchen reinen Ausgrenzungsstrategie begreifen. Doch die Lernprozesse mancher Leute werden wohl mindestens bis zur Bundestagswahl dauern.
Sehr viele machen es sich nämlich allzu leicht mit einer Pseudo-Alternative zum Ausgrenzen: Sollen wir denn rechte Parolen nachbeten, uns den Rechtspopulisten anbiedern? Was für eine Denkfaulheit und politische Bequemlichkeit! Es kommt doch darauf an, jene Probleme ernstzunehmen, deren (selektive) Wahrnehmung und (allzu schlichte) Deutung so viele dem Rechtspopulismus zutreibt. Es gilt zu signalisieren: Wir, die bewährten Parteien, werden diese Probleme nun anpacken und bewältigen – nämlich so …! Und dann müssen eben plausible Politikansätze kommen. Gerade deren so langes Fehlen ließ doch den Rechtspopulismus aufkommen – und gab dem „Kampf gegen rechts“ oft den Charakter eines Versuchs, von eigener Ratlosigkeit in der Sache abzulenken.
Leider besteht dieser Missstand weiterhin fort, selbst wenn die NPD nun politisches Liliputanertum samt demokratiefeindlicher Programmatik bescheinigt bekommen hat. Dieser bloß symbolische Sieg gegen einen schwachen Feind ändert ja nichts am Andauern von Problemen, welche die AfD als ungeliebten Konkurrenten großwerden ließen. Deshalb braucht es einen Strategiewechsel. Warum nur begreifen das so wenige?
Bildquelle: https://www.gbw.at/oesterreich/artikelansicht/beitrag/buchpraesentation-rechtspopulismus-in-europa/