Die CDU spaltet sich an Friedrich Merz
Friedrich Merz scheint nicht ganz unrecht damit zu haben, wenn er die Verschiebung des CDU-Parteitags als persönlichen Affront wahrnimmt. Derzeit hätte er gute Chancen gehabt, zum Vorsitzenden gewählt zu werden. Dass die CDU wirklich keinen internetgestützten Parteitag durchführen könne, wird in einer Hightech-Nation niemand für sehr glaubwürdig halten. Und dass rechtliche Gründe eine Wahl des Vorsitzenden auf einem virtuellen Parteitag ganz unmöglich machten, lässt jeden nur grinsen, der sich an den gewollten Umgang der CDU mit Rechtsnormen während der hunderttausendfachen, selbstermächtigten Zuwanderung von 2015/16 erinnert.
Im Grunde schiebt die CDU die durchaus nicht schmerzfreie Lösung ihres Führungsproblems nur vor sich her. Ihre Anführer hoffen anscheinend, einer fälligen Richtungsentscheidung über den Nach-Merkel-Kurs durch Abwarten zu entgehen. Diese Entscheidung betrifft nicht die ohnehin unausweichliche Koalition mit den Grünen nach der Bundestagswahl, sehr wohl aber die Haltung und Macht, mit der die CDU in diese Koalition geht und diese ausgestaltet.
Aufgeschoben ist aber nicht aufgehoben. Es könnte sogar sein, dass wachsender Unmut über die Corona-Politik der CDU-Kanzlerin einer CDU des „Weiter so!“ die Wahlaussichten im nächsten Jahr verhagelt. Jedenfalls spaltet nicht Merz die CDU, sondern es spaltet sich die CDU an Merz. Das verheißt nichts Gutes – weder für die Union noch für das deutsche Parteiensystem und seine Stabilität.