Deutscher Patriotismus
Zu den Herausforderungen, vor denen unser Land steht, gehört es, unsere Einwanderungsgesellschaft zu einer innerlich gerne zusammenhaltenden Bevölkerung zu machen, also zu dem, was man in der Staatslehre ein – von kulturellen und sozialen Konflikten gerade nicht zerrissenes und so sich selbst vor einem staatsauflösenden Bürgerkrieg bewahrendes – „Staatsvolk“ nennt.
Dieses Staatsvolk lebt – ganz gleich, ob es aus lange schon Ansässigen oder aus unlängst dessen Teil gewordenen Einwandern besteht – auf einem gemeinsamen „Staatsgebiet“ und ist hoffentlich in der Lage, eine solche und allseits als legitim empfundene „Staatsgewalt“ aufrechtzuerhalten, die ihrerseits für eine nachhaltig „gute Ordnung“ sorgt.
Eine „gute Ordnung“ ist – nach unserem bundesdeutschem Grundkonsens und auch nach dem politikwissenschaftlichem Mehrheitskonsens – eine freiheitliche demokratische Grundordnung („fdGO“). Zu ihr gehört neben der Achtung der Menschenrechte sowie institutionalisierter Demokratie ganz wesentlich auch praktizierter Pluralismus, also das ohne jeden Rechtfertigungsbedarf in Anspruch zu nehmende Recht aufs Anderssein und aufs Andersdenken.
Seit langem scheint mir, dass eine bloße Hinnahme von Einwanderung ohne gut überlegte und deswegen auch gelingende Integrationspolitik zu recht wenig Gutem führen wird. Eine wirksame Integrationspolitik ist aber nicht zu formulieren ohne eine weithin geteilte Vorstellung davon, in was für einer Gesellschaft, Kultur und Geschichte Einwanderer fortan Wurzeln schlagen könnten, ja sollten. Insofern sind die – in Deutschlands politischem Diskurs so brisanten – Themenbereiche „Einwanderung“ und „deutsche Identität“ aufs engste miteinander verbunden. „Patriotismus in der Einwanderungsgesellschaft“ wäre ein Vortrags- oder Aufsatztitel, der das alles systematisch zu behandeln erlaubte.
Vor fast sieben Jahren nutzte ich die von mir zu haltende Festrede bei der Einbürgerungsfeier des Freistaates Sachsen für neue Bundesbürger dazu, einige mir wichtige Gedanken zur Verbindung beider Themenbereiche vorzutragen. Obendrein erkenne ich seit einigen Wochen aus vielen Diskussionen und aus nicht wenigen Zuschriften besonders klar, dass eben im Spannungsfeld zwischen einer grundsätzlichen Offenheit für Einwanderung und dem höchst verständlichen Wunsch nach Bewahrung deutscher Kultur jene Funken fliegen, welche den Umgang von „Pegida“-Anhängern mit „No-Pegida“-Demonstranten bzw. mit „pro-fdGO“-Demonstranten so hitzig machen.
Vermutlich hilft es allen an diesem Streit Beteiligten, sich auch ihrerseits mit den Eigentümlichkeiten und Tiefenschichten dieses Spannungsfeldes systematisch vertraut zu machen. Und als Einstieg wäre vielleicht genau jene Rede hilfreich, in der ich Neubürgern – unter deren großer Zustimmung – gezeigt habe, auf welche Art von deutschem Patriotismus sich einzulassen für uns alle gut wäre. Viel Freude beim Lesen!
http://www.docdroid.net/sjxr/deutscher-patriotismus.pdf.html
Bildquelle: http://www.fdp-fraktion-sachsen.de/online/fdp/cisweb4_fdp-fraktion.nsf/0/CAA45E217C9116EDC12578100048ECB1/$File/header3.jpg
Foto: S. Giersch