Zum Dresdner Demonstrations-verbot

Zum Dresdner Demonstrations-verbot

Stellungnahme zum von der Polizeidirektion Dresden erlassenen Demonstrationsverbot für morgen, Montag, 19. Januar 2015, in Dresden

auf der Grundlage …

• der Allgemeinverfügung der Polizeidirektion Dresden vom
18. Januar 2015
• der Pressemitteilung von PEGIDA e.V. vom 18. 1. 2015

sowie von Informationen wie in:

http://www.welt.de/politik/deutschland/article136496668 /Terrorgefahr-Polizei-erlaesst-Demo-Verbot-in-Dresden.html

oder

http://www.bild.de/…/pegida-sagt-veranstaltung-am-montag-ab…

Hier folgt der Text, gerne auch zum Zitieren oder Weitergeben:

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Es ist nichts Gutes, wenn in einer freiheitlichen Demokratie die Polizei ein allgemeines Demonstrationsverbot verhängen muss, weil andernfalls Gefahr für Leib und Leben von Demonstrationsteilnehmern zu befürchten ist. Zu einer solchen Grundrechtseinschränkung ist es in Dresden gekommen. PEGIDA hat seine Demonstration inzwischen abgesagt und „alle Sympathisanten aufgefordert, nicht nach Dresden anzureisen“.

Als Gründe das am 19. Januar ganztägig in Dresden geltende Demonstrationsverbot werden angeführt:

a) Zuspitzung der schon vor einigen Tagen bekannt gewordenen abstrakten Gefährdung etwa des Dresdner Hauptbahnhofs oder der PEGIDA-Demonstration durch vermutlich islamistische Gruppen dahingehend, dass nun auch konkrete Morddrohungen gegen Mitglieder des PEGIDA-Organisationsteams samt Gefährdungen von Demonstranten vorzuliegen scheinen.

Die Polizeidirektion Dresden gab auf der Grundlage von Informationen des Bundeskriminalamtes sowie des Landeskriminalamtes jedenfalls dazu bekannt:

Es „wurden Attentäter aufgerufen, sich unter die Protestierenden (PEGIDA-Demonstranten) zu mischen, um zeitnah einen Mord an einer Einzelperson des Organisationsteams … zu begehen. Dieser Aufruf ähnelt einem über einen Twitter-Account übermittelten Tweet, in dem auf Arabisch die Demonstrationen PEGIDA als Feindin des Islam bezeichnet werden. …. [Es] ist auch mit dem Einsatz gemeingefährlicher Mittel zu rechnen und von einer unmittelbaren Gefährdung von Leib und Leben aller Teilnehmer an Versammlungen auszugehen“.

b) Hinweise darauf, dass eine größere Anzahl von Bussen mit Antifa-Aktivisten sich auf den Weg nach Dresden machen würde, um sich am Montag – in welcher Form auch immer – gegen PEGIDA zu stellen. Anscheinend wurden diese Hinweise wahr- und ernstgenommen im Zusammenhang mit früheren Auftritten antifaschistischer Gruppen und ihrer Partner (etwa in Leipzig, Hamburg oder Berlin), bei denen – anders als während der letzten Montagabende in Dresden – ein friedlicher, ohne Sachschäden oder Verletzungen von Personen auskommender Protestverlauf keine Selbstverständlichkeit gewesen ist.

c) Beurteilung der Lage dahingehend, dass nach dem noch aufzuklärenden gewaltsamen Tod des Asylbewerbers Khaled Bahray in Dresden eine Stimmung dahingehend entstanden sei, in der die Konfrontation von PEGIDA-Demonstranten und NO-PEGIDA-Anhängern rasch zu gewaltsamen Ausschreitungen eskalieren könnte. Zu dieser Stimmung trägt bei, dass es in der Vergangenheit in Dresden Morde an Ausländern gegeben hat und immer wieder ausländerfeindliche Übergriffe oder Pöbeleien vorkommen.

Als ein um unsere Stadt und unser Land besorgter Bürger sowie als Kommentator aktuellen Geschehens nehme ich zu alledem wie folgt Stellung und hoffe, damit zu einer konstruktiven Erörterung – und eines Tages auch Lösung – jener Probleme beizutragen, die es in Dresden und weit darüber hinaus ganz offenkundig gibt:

(1) Es gibt keinen guten Grund zur Befürchtung, die Polizeidirektion Dresden habe mit dem Demonstrationsverbot unverhältnismäßig oder gar parteiisch gehandelt, also ihrerseits das Grundrecht auf Demonstrationsfreiheit angetastet.

(2) Die Einschränkung der Demonstrationsfreiheit am nächsten Montag ist keine Kleinigkeit. Es handelt sich um eine wirklich außergewöhnliche Maßnahme. Das, was zu ihr führte, sollte uns alle besorgt machen. Zumindest solle sich jeder eine durch gute Gründe gestützte Meinung zu alledem bilden und das, was hier geschieht, nicht wie eine Nebensächlichkeit behandeln.

(3) Es darf in Deutschland nicht dahin kommen, dass weiterhin aufgrund von realen Attentatsdrohungen Demonstrationen verboten bzw. abgesagt werden müssen. Gewiss lassen sich bei Massenveranstaltungen, zu denen PEGIDA- und Anti-PEGIDA-Demonstrationen geworden sind, Risiken nie ausschließen. Doch wenn diese Risiken, nach seriöser Lagebeurteilung, als untragbar groß erscheinen, dann stimmt in unserem Lande Wichtiges nicht mehr. Entweder sind dann manche zu leichtfertig mit dem Wunsch nach einer Verhinderung missliebiger Demonstrationen an die Öffentlichkeit getreten bzw. in soziale Netzwerke gedrungen – oder es sind jene zu furchtsam, die als freie Bürger eines freien Landes das Recht zum Demonstrieren für oder gegen was auch immer doch zweifellos besitzen. Dieses Recht gilt es aber zu verteidigen. Es ist in ganz Ordnung, die Meinung eines anderen mit aller Entschiedenheit zu bekämpfen. Nicht in Ordnung ist es aber, einem anderen die Möglichkeit zu nehmen, seine Meinung öffentlich zu bekunden.

(4) Am kommenden Montag müssen alle das aus guten Gründen verhängte Demonstrationsverbot akzeptieren. Ein solches Verbot darf aber nicht zur Regel werden. Hoffentlich wird es nicht notwendig, dass eines Tages in unserem Land Zivilgesellschaft und Politiker zu Demonstrationen überhaupt für Demonstrationsfreiheit und gegen die Einschüchterung Andersdenkender aufrufen müssen.

(5) Klammheimliche Freude über die – sozusagen „endlich!“ – gelungene Verhinderung einer Dresdner PEGIDA-Demonstration wäre ganz unangemessen. Offen bekundete Freude wird PEGIDA ohnehin nicht schwächen, sondern zu weiterer Solidarisierung führen – wie bislang schon die Gegendemonstrationen sowie vielerlei Aufrufe zum Fernbleiben durch Spitzenpolitiker. Gewiss wären die PEGIDA-Gegner zu loben, wenn sich bei PEGIDA im Wesentlichen Faschisten und Rassisten versammelten. Doch diese Diagnose ist nachweislich falsch. Von einer falschen Lagebeurteilung ausgehend aber handelt man in der Regel wirkungslos, fehlerhaft und ungerecht.

(6) Sollte sich die Aussage der Sicherheitsbehörden bewahrheiten, die zum Versammlungsverbot führende Morddrohung gegen PEGIDA-Organisatoren sei in sozialen Medien damit begründet worden, PEGIDA wäre eine „Feindin des Islam“, dann bekräftigte das oft geäußerte PEGIDA-Sorgen ob einer Beeinträchtigung unserer Kultur durch zornige junge Muslime. Ebenso wäre das Anlass zum Nachdenken darüber, ob nicht allzu fahrlässig war, wer Islamisierungskritik mit Islamfeindlichkeit gleichgesetzt hat, oder allzu verliebt in aufstachelnde Polemik ist, wer eine solche Unterscheidung ohnehin als heuchlerisch zurückweist.

(7) Es wäre uns allen geholfen, wenn wir beim Ringen um richtige Politik nicht auf Polarisierung setzten, sondern auf wechselseitiges Zuhören, redliches Verstehenwollen, höflichen Umgangston und lösungsorientiertes Streiten in der Sache. Lassen wir es nicht dazu kommen, dass wir erst einmal unser Miteinander vergiften und vieles Erreichte zerstören!

 

Bildquelle: http://www.tagesschau.de/multimedia/bilder/sendungsbild-42917~_v-videowebl.jpg

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