Zur Ministerpräsidentenwahl in thüringen
An der Wahl des FDP-Landtagsabgeordneten Thomas Kemmerich zum Thüringer Ministerpräsidenten erkennt man, wie töricht es vom CDU-Vorsitzenden Mohring war, nicht gleich am Wahlabend dreierlei erklärt zu haben: die bisherige Thüringer Regierung ist abgewählt; die beste Lösung wäre es, nun in Thüringen eine Minderheitsregierung mit klarem Politikangebot ins Amt zu bringen; und deshalb werde er oder ein anderer CDU als Gegenkandidat antreten, wann immer sich Ramelow zur Wiederwahl als Ministerpräsident stelle. Wie die heutige Wahl eines FDP-Abgeordneten zum Ministerpräsidenten zeigt, hätten die Chancen auch für einen CDU-Politiker nicht schlecht gestanden; und plausibler als eine Regierungsführung durch die kleine FDP wäre es allemal gewesen, einen Politiker der größeren CDU als Ministerpräsidenten zu haben.
Wie nun weiter?
Sarkastisch formuliert: Der Ministerpräsident Kemmerich muss sofort zurücktreten und sich öffentlich dafür entschuldigen, überhaupt der AfD die Chance gegeben zu haben, für jemand anderen als Ramelow zu stimmen! In Japan wäre außerdem Harakiri geboten, um diesen politischen Tabubruch zu sühnen.
Analytisch formuliert: Kemmerich sollte an die Spitze der Ministerien FDP- und CDU-Politiker stellen; er sollte mit ihnen im Rahmen des ja beschlossenen Haushaltes eine möglichst unkontroverse Politik weiterführen; und zur unvermeidlichen Frage, wie er es denn nun mit der AfD-Unterstützung halte, sollte er erklären:
„Es ist das Recht eines jeden Abgeordneten, für mich zu stimmen. Und nun ist es die Pflicht meiner Regierung, in den Ausschüssen des Landtages mit den Abgeordneten aller Fraktionen so redlich zusammenzuarbeiten, dass eine unserem Gemeinwohl dienliche Politik zustande kommt. Meine Regierung wird sich dabei allein von sachlichen Überlegungen leiten lassen, also auf jede unnötige Schärfe oder Polemik in der politischen Auseinandersetzung verzichten. Wer es unter den Thüringer Landtagsfraktionen ebenso halten will, dem biete ich die Hand zur Zusammenarbeit. Dass auch zu einer von grundsätzlicher Kooperationsbereitschaft getragenen Politik der Streit um das Richtige gehört, versteht sich von selbst. Nutzen wir jetzt aber alle die Chance, uns von früherer Polemik abzukehren und zu einer Debattenkultur zu finden, die unserer freiheitlichen Demokratie und einem pluralistischen Parlamentarismus wirklich angemessen ist!“