Bildungsinhalte

Bildungsinhalte

Im Rahmen meiner zweiwöchentlichen Kolumne in der Sächsischen Zeitung habe ich mir vorgenommen, in einer losen Folge von – natürlich aufeinander bezogenen – Beiträgen einige Probleme unserer Bildungspolitik sowie des Zustands unseres Bildungssystems zugespitzt abzuhandeln. Einen nach dem anderen, werde ich diese Beiträge auch hier zugänglich machen. Vielleicht nutzen sie ja bei der einen oder anderen Fach- oder Alltagsdebatte.

Der nachstehende Text erschien am 5. Januar 2018 auf S. 13 der „Sächsischen Zeitung“ unter dem Titel „Wer braucht schon ein Komma?“

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Noch jede Generation scheint sich um den Bildungsstand kommender Generationen gesorgt zu haben. Das liegt auch daran, dass sich die Inhalte dessen, was man zum Anteilhaben am zeitgenössischen Leben braucht, über die Jahrzehnte sehr verändern und damit fremd werden. Außerdem macht gelebtes Leben innerlich reicher und hebt die Standards für das, was man anderen an Wissen über die Welt wünscht. Hinein mischt sich Selbsttäuschung darüber, was man selbst bereits in jüngeren Jahren gewusst habe. Der eine beherrschte dann „immer schon“ eine makellose Rechtschreibung, der nächste fehlerfreies Kopfrechen, der dritte viel mehr Latein als nur die Anfangssätze aus Caesars Buch über den Krieg in Gallien.

Trotzdem trägt die Hoffnung nicht, allenfalls die Inhalte von Bildung veränderten sich im Zeitverlauf, während ihr Umfang oder Niveau – nur eben auf Neues angepasst – im Durchschnitt gleich blieben; und also müsse man sich um den Bildungsstand künftiger Erwachsener nicht wirklich sorgen. Macht es denn tatsächlich keinen Unterschied, dass im Kaiserreich die meisten Dienstmädchen richtig, sogar leserlich schreiben konnten, heute aber ein Großteil selbst der Studierenden Orthographie und Zeichensetzung bestenfalls wie ein „nice to have“ behandelt? Oder dass man zu Weimarer Zeiten bei Lehrlingen sehr wohl auf die Beherrschung der Prozentrechnung bauen durfte, während sich bei heutigen Universitätsexamina durchaus erleben lässt, dass Prüflinge die Zeitspanne zwischen Platon („400 v. Chr.“) und Machiavelli („1500 n. Chr.“) schlicht zu erraten versuchen, doch nicht auszurechnen vermögen? Und vielleicht hängt die oft sehr wohlgefällig aufgenommene Behauptung, so etwas wie eine „deutsche“ Kultur wäre jenseits des Gebrauchs einer länger schon im Land verwendeten Sprache nicht identifizierbar, gar mit Folgendem zusammen: Es wissen einfach immer weniger Leute, was es an gemeinsamer Kultur in den von unserer heutigen Mehrheitsbevölkerung bewohnten Landstrichen wirklich gibt oder immerhin gegeben hat.

Bildung scheint jedenfalls, mitsamt ihrer Weiterentwicklung und Weitergabe, eines der großen Probleme unseres Landes zu sein – und zwar nicht nur deshalb, weil sich ohne gemeinsame Bildungsinhalte gerade eine Einwanderungsgesellschaft nicht gut zusammenhalten lässt.

 

Bildquelle: https://www.google.de/search?q=Bildung&tbm=isch&source=lnt&tbs=isz:l&sa=X&ved=0ahUKEwj0m9qo7I7bAhXDL1AKHZUqAbkQpwUIHg&biw=1536&bih=735&dpr=1.25#imgrc=_AOGaxqBuNjZMM:

 

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