Gerechte Strafen für Gewalt: die „Gruppe Freital“

Gerechte Strafen für Gewalt: die „Gruppe Freital“

Hohe Freiheitsstrafen hat das Oberlandesgericht Dresden gestern im einjährigen Prozess gegen die Gruppe Freital gefällt. Das ist auch gut so. Strafen sollen – neben Zielsetzungen wie „Buße für Schuld“ oder „Anstoß für ernstgemeinte (Selbst-) Resozialisierung“ – ja außerdem eine abschreckende und darin erzieherische Wirkung haben. Genau eine solche Abschreckungswirkung geht vom gestrigen Urteil aus. Die harten Strafen zeigen: Es sind weder „dumme-Jungen-Streiche“ noch „Fehlverhalten, das auch mal vorkommen kann“, wenn man Sprengstoffanschläge begeht oder andere zielgerichtet einzuschüchtern versucht. Das alles sind vielmehr verbrecherische Taten – und wer sie begeht, dem muss es um der Gerechtigkeit willen dann auch selbst schlecht ergehen. Hoffentlich erreicht dieses Signal alle, die mit Gewalt liebäugeln oder sich gar für „unerkannte Helden“ halten, wenn sie andere überzeugungsgewiss terrorisieren oder das immerhin versuchen.

Zwei Zusammenhänge sind außerdem zu bedenken. Bestraft wurden Taten, nicht Gesinnungen oder politische Positionen. Sehr wohl darf man nämlich die Migrationspolitik der Bundesregierung kritisieren und versuchen, sich ihr in den Weg zu stellen. Das taten etwa große Teil der CSU – kamen aber nie auf den Gedanken, Flüchtlingsunterkünfte anzugreifen oder Autos politischer Gegner zu beschädigen. Jedes Jammern über „Gesinnungsjustiz“ oder „politische Gerichtsbarkeit“ ist deshalb gegenstandslos und verachtenswert.

Außerdem geschehen solche Verbrechen nicht aus dem Nichts. Hinter ihnen steckt schon eine besondere Geisteshaltung. Sie setzt sich zusammen aus Selbstüberheblichkeit und Abwertung von anderen, auch aus dem Unwillen, den eigenen Wünschen Zuwiderlaufendes hinzunehmen, obendrein aus der „Lust auf Taten“ samt der Unfähigkeit, dabei von Überbietungswettbewerben abzulassen. Sich einer solchen Haltung hinzugeben, führt leicht in die Sackgasse von Radikalisierung, Widerstandsromantik und des Verkümmerns jeder Fähigkeit zum Perspektivenwechsel oder zur Empathie mit anderen. Je nach den konkreten Erregungs- und Handlungsumständen werden solche Leute dann angezogen von den Gefühlswelten etwa des Rassismus oder nationalen Sozialismus – oder der Gegner all dessen, wenn diese zwar solche Inhalte bekämpfen wollen, doch nach Habitus oder Taten Geschwister im Ungeist sind.

Ziehen wir daraus zwei Lehren. Erstens: Geben wir nie der Versuchung nach, Gewalttätigkeit mit „klammheimlicher Freude“ zu sehen, nur weil sie – oder deren Wirkungen – politisch opportun zu sein scheinen. Nennen wir Verbrechen also stets Verbrechen, und zwar gerade dann, wenn andere sie – warum auch immer – zu entschuldigen oder zu verharmlosen versuchen. Und zweitens: Halten wir uns von einer inneren sowie auch politischen Haltung fern, die auch nur ansatzweise Gewalt als mögliches Mittel innerstaatlichen Streitens in Erwägung zieht, attraktiv findet oder gar rechtfertigt. Denn selbst wenn ein der Freiheit verpflichteter Rechtsstaat aus zwingenden Gründen keine Gedankenverbrechen bestraft, verleiten Gedanken eben doch immer wieder zu Verbrechen – so dass durchaus auch Gedanken schuldig werden können. Dazu gehören derzeit besonders jene des (kulturalistischen) Rassismus.

„Gewissen“ hieß früher jener „innere Richter“, der hier ohne äußerlichen Aufwand untersuchte und nötigenfalls bestrafte. Doch leider haben wir angefangen, den Begriff „mein Gewissen“ nachgerade gleichbedeutend mit „mein Wille“ zu gebrauchen. Der Wille nämlich kann sich auch auf Falsches und Verbrecherisches richten, das anschließend ganz zu Recht von anderen bestraft wird. Ob es da nicht hilfreich wäre, wenn wir uns mehr um die je persönliche Gewissensbildung kümmerten, gerade auch hinsichtlich richtigen politischen Verhaltens – und wenn damit jeder möglichst bei sich selbst anfinge?

 

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Mit der Gewaltthematik befassen sich, aus jeweils anderem Anlass, auch meine folgenden Blog-Beiträge:

 

Bildquelle: https://www.google.de/search?q=gruppe+freital&dcr=0&tbm=isch&source=lnt&tbs=isz:l&sa=X&ved=0ahUKEwj9tPvVsdzZAhUBQZoKHZzLC-kQpwUIHg&biw=1536&bih=735&dpr=1.25#imgrc=A8awg5KQHd09CM:

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